Dreieckland StromReport  (akt. 08.03.2007 ) Pressebüro © Marc Gusewski  

 

An Regierung zurück

Liestal. 18.2. Über die Baselbieter Solar-Initiative und deren regierungsrätlichen Gegenvorschlag wird möglicherweise frühestens im Herbst dieses Jahr abgestimmt werden können – nahezu sechs Jahre nach Publikation der Volksinitiative. 

Grund dafür ist, dass die landrätliche Umwelt- und Energiekommission (UEK) den regierungsrätlichen Gegenvorschlag zur Volksinitiative an die Bau- und Umweltschutzdirektion zurückgegeben hatte, da deren Unterlagen ungenügend und erklärungsbedürftig seien. Peter Stucki, Abteilungsleiter Energie im kantonalen Amt für Umweltschutz und Energie (AUE) bestätigt, mit der Zusammenstellung weiterer Unterlagen zuhanden der Kommission beauftragt zu sein. Es habe weitergehender Informationsbedarf bestanden, kommentiert dies Stucki, ohne weitere Details preiszugeben.

Nach Informationen der BaZ betrifft dies insbesondere die Frage, wie Regierungsrätin Elsbeth Schneider zukünftige Planungswerte für die Ökostromquote und –förderung in der Realität mit ihrem Gesetzesentwurf durchsetzen wolle. Wenig Überzeugungskraft entfalteten die Ausführungen von BUD-Generalsekretär Pascal Payllier in teilweiser Vertretung von Elsbeth Schneider vor der UEK, der eine Zielplanung und einen Budgetierungsprozess für Ökostrom-Anteile am Stromverbrauch als überlebte „Planwirtschaft“ darstellte. Wiederholte Argumente, die bereits nach der Präsentation des Gesetzesvorschlages im Sommer letzten Jahres als sachfremd widerlegt wurden. 

Die UEK begrüsste, dass Ökostrom gesamthaft gefördert werden solle statt alleine Solarstrom. Da die UEK derzeit wegen des Gewässerschutzgesetzes und der Abfall-Grundgebühr gefordert ist, wird sie die Solar-Initiative und deren Gegenvorschlag frühestens April abschliessend behandeln können. Dann geht die Vorlage ans Parlament zurück. Ursprünglich war angestrebt worden, über die Solar-Initiative und den Regierungs-Gegenvorschlag spätestens am eidgenössischen „Atomenergie“-Abstimmungsdatum Mitte Mai an der Urne entscheiden zu können. 

 

Öko-Lichtblick ohne Durchblick

19.11.03 Am 30.11. sind die Baselbieter Stimmberechtigten aufgerufen über die Solar-Initiative sowie über deren Gegenvorschlag abzustimmen, den Regierung und Landrat zur Annahme empfehlen. Die in diesem Artikel von November 2002 erhobenen Vorwürfe konnten bisher nicht entkräftet werden. Schlimmer, der vermurkste Gegenvorschlag hat von der eigentlichen Debatte über die Zukunft von Solarstrom massiv abgelenkt, Schwachstrom von Regierung und Parlament. Statt Aufklärung wurde Verneblung geschaffen, eine Menge Probleme werden sich aus der Anwendung des Gegenvorschlags ergeben. Wer sich an der Abstimmung beteiligen will, sollte aus taktischen Gründen dem Gegenvorschlag sowie der Initiative zustimmen, beim Stichentscheid der Initiative den Vorzug geben. Marc Gusewski

 

8.11.02 Seit zwei Monaten liegt der Gegenvorschlag zur kantonalen Solar-Initiative für mehr Sonnenstrom vor, mit dem das Baselbiet wieder eine Spitzenposition zurückgewinnen soll. Der als «Lichtblick» angekündigte Vorschlag hat mehr zur Verwirrung unter Freund und Feind beigetragen als zu Durchblick verholfen.

 

Liestal. Die Solar-Initiative wurde vor fünf Jahren formuliert und 1998 eingereicht. Gründe: Der solare High-Tech-Strom kostet fünfmal mehr als normaler Strom, und im Strombereich herrscht ein Marktversagen: Atomstrom z. B. ist gemessen an seinen echten und potenziellen Auswirkungen um einiges zu billig und konkurrenziert damit unfair andere Energien, eben auch die neuen Energiequellen wie Solarstrom. Deshalb soll dieser mit einer Solar-Lenkungsabgabe mehr und mehr ans Netz kommen. Ziel der Initiative ist es, in zehn Jahren oder mehr maximal einen halben Rappen auf jede verkaufte Kilowattstunde Strom zu erheben und in neue Photovoltaikanlagen umzulenken.

Dieser Vorschlag wird von Wirtschaft und Elektrizitätsverteilern generell abgelehnt, weil er unzumutbare Betriebskostenerhöhungen bringe und quer in der Landschaft stehe.

Bau- und Umweltschutzdirektorin Elsbeth Schneider (CVP) entschied sich dafür, der Solar-Initiative einen «massvollen» Gegenvorschlag gegenüberzustellen.

Daran arbeiteten der Kanton, Vertreter der Elektras (Elektra Birseck EBM und Elektra Baselland Liestal EBL) sowie Vertreter des Solar-Initiativkomitees ein Jahr lang fruchtlos in einer Art «Mediationsgruppe», die etwas hochtrabend als «Expertenrunde» bezeichnet wurde.

Namentlich machen Strompolitik: Peter Stucki, Abteilung Energie in der Umweltdirektion, Thomas Wälchli (EBM), Beat Andrist (EBL) und Eric Nussbaumer (Geschäftsführer Energiegenossenschaft Adev). Die Chefs von EBM und EBL mischen mit, FDPLandrätin Rita Kohlermann; und dann ist Ende der Fahnenstange, abgesehen etwa von Regierungsrat Adrian Ballmer (FDP), der sich nach eigenem Bekunden Zurückhaltung auferlegt hat.

Tatsache ist aber, dass derzeit niemand in der Lage ist, den Gegenvorschlag widerspruchsfrei zu erklären. Regierungsrätin Elsbeth Schneider kontert den Konfusions-Vowurf mit der Vertrauensfrage an ihre Politik, was die Angelegenheit weiter verkompliziert. Sie selbst sieht dies gelassen: «Wenn ich auf einen Gegenvorschlag zur Solar-Initiative verzichtet hätte, würde ich den Vorwurf ernten, ich hätte nichts getan.» Sie selbst geht derzeit davon aus, dass ihr Gegenvorschlag, mit eigenen Worten ein «Lichtblick», realpolitisch gute Chance hat. Sie selbst sieht dies grundsätzlich und wirbt: «Geben Sie dem Gegenvorschlag eine Chance. Geben Sie dem Ökostrom im Kanton eine Chance.»

Dem Sinn nach hält Schneider die folgende, scheinbar bestechende Lösung bereit: Die Ökostromkunden kaufen selbst genug Ökostrom, so dass sich eine grössere Ökostrompolitik, insbesondere ein politischer Eingriff, erübrigt. Motto: Wer teuren Ökostrom will, soll ihn selber bezahlen. Diese Nachfrage nach Ökostrom nährt sich sozusagen selbst, und wo eine Nachfrage ist, so die Regierung, wird diese durch die Elektrizitätswirtschaft gedeckt.

Die Politik, so Regierungspräsidentin Elsbeth Schneider, helfe nur notfallmässig nach, nämlich wenn die Nachfrage geringer ist als das Angebot. Dann will die Regierung Werbung betreiben in der Hoffnung, die Leute wieder zur grünen Steckdose zu bewegen. Versagt dies, kauft die Kantonsverwaltung in zweiter Linie selbst genug Ökostrom, um die gewünschte Nachfrage herzustellen. Versagt auch dieses Mittel, wird sie, in dritter Linie, z. B. Gutscheine an die Bevölkerung verteilen zu einem begünstigten Bezug. Ein Fall, der als wenig wahrscheinlich beurteilt wird. Besonders originell ist der Vorschlag, etwa Solarstrompunkte an Solarstromverbraucher zu verteilen und diese mit schönen Prämien, z. B. Solaruhren zu ködern, analog «Cumulus » und «Supercard».

 

Das Modell wäre unproblematisch, wenn es mit einer freiwilligen Zielvereinbarung der Elektrizitätswirtschaft begründet wäre (z.B. wie beim eidgenössischen CO2-Gesetz, oder analog der Emissionsgutschein-Idee des kantonalen Umweltschutzgesetzes). Tatsächlich verknüpfte Elsbeth Schneider ihre Vorlage mit einem in der Schweiz (noch) einmaligen, aber hochpolitischen Ziel: der sogenannten kostendeckenden Vergütung für alle Ökostrom-Erzeuger einerseits, und mit einem Mengenziel andererseits. Wie aber lässt sich dieser Eingriff für den Staat kostenneutral durchsetzen, - ein absolutes Gebot der Stunde beim derzeiten Sparhaushalt -, und vor allem, wie soll das marktkonform marktkonform sein? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Es ist, wie die konsequente Analyse zeigt.

Der alles entscheidende Punkt ist, dass die Ökostrommenge immer wachsen muss, wenn der Gegenvorschlag funktionieren soll, um die gesetzlich verankerte, sogenannte kostendeckende Vergütung für Ökostrom-Erzeuger staatskostenneutral zu garantieren. Wie das real zu bewerkstelligen sei, darüber gehen derzeit die Ansichten der Gegenvorschlags- Verfasser und der Elektras diametral auseinander. Genauso übrigens wie bei der Frage, wer die Kostengarantie übernehmen soll. Die Elektras sagen: der Kanton. Die Regierung sagt: die Elektras sollen und, der Kanton «könne», unter Umständen. Wie vertrauenswürdig kann ein Papier sein, das solche fundamental widersprüchlichen Aussagen zulässt?

Dem Papier ist seine turbulente Entstehungsgeschichte anzumerken: Zuerst spielte der Kanton nämlich mit einer ganz anderen Idee, um die Solar-Initiative zu kontern: statt eines halben Solarrappens sollte ein Zehntelsolarrappen eingefordert werden (die BaZ berichtete). Dies wäre übrigens der Betrag, der derzeit  ungefähr für die unsichere Atommüllentsorgung gezahlt werden muss. Die Elektras sagten auch zu diesem Vorschlag nein. Deshalb musste in letzter Minute alleine mit den Ratgebern der Elektras (die Initianten wurden gar nicht mehr eingeladen) ein Kompromiss ausgehandelt werden. Dem Papier ist auch anzumerken, dass es eine Annahme des Elektrizitätsmarktgesetzes (EMG) voraussetzte. Statt es nach der EMG-Niederlage zurückzuziehen, wurde es beibehalten.

Dass selbst die Elektra-Vertreter dem vorliegenden Papier zustimmten,wird derzeit von den eigenen Leuten mit Verwunderung und Distanzierung zur Kenntnis genommen. Denn bei Annahme des Gegenvorschlags müssten sich die Stromer doch in Zukunft eine ständige Mitsprache und Mitbestimmung durch den Kanton im operativen Stromgeschäft gefallen lassen (bei der Ökostrom-Mengenzielsteuerung und bei den Marketing relevanten Fragen, und etwa bei der Zählung der Solar-Superpunkte für Solarstrom-Prämien).

Offenkundig zutage liegen nicht nur die dem Gegenvorschlag innewohnenden Widersprüche, auch die Begründung für den ordnungspolitischen Rahmen ist eigenartig. Darauf weist vor allem das Solar-Komitee hin: Die Logik  des Gegenvorschlages etwa auf die Luftreinhaltepolitik bezogen, würde heissen: Wer saubere Luft will, hat sich Klimaanlagen mit Luftfiltern zu kaufen.

Möglicherweise erledigt sich der Gegenvorschlag des Regierungsrates demnächst von selbst. Denn er hätte für die Mehrheit des Kantons ohnehin keine Auswirkungen: Die EBM praktiziert im Grunde genommen das Gesetz des Gegenvorschlages ohne Gesetz bereits, und die Elektra Baselland Liestal (EBL) ist am Studium eines Modells zur Ökostromförderung Dritter. Sie zeigte sich bisher ihrer unbefriedigenden Situation bewusst, wollte aber das Elektrizitätsmarktgesetz abwarten.

Link zum Parlamentsvorlage Kanton PDF